Pico wachte auf, als ihn die Stewardeß leicht anstieß. Fragend sah er auf. Leise erklärte sie ihm, daß über den Alpen ein dichter Nebel hinge und sie nun nicht nach Genf, sondern nach Basel ausgewichen seien. Das Flugzeug würde in wenigen Minuten landen, er möge sich bitte anschnallen. Verwirrt fragte Pico, wie das mit dem Anschlußflug nach Mallorca sei, aber sie sagte nur, darüber solle er sich keine Sorgen machen, sie würde sich am Baseler Flughafen selbstverständlich darum kümmern.
Pico blickte sich um und lächelte unwillkürlich über sich selbst – natürlich waren es die gleichen 5 oder 6 Passagiere, mit denen sie von Wien abgeflogen waren. Unbehagen und Furcht stiegen in ihm auf, als er nochmals die Worte der Stewardeß überdachte. Nebel, nach Basel umgeleitet. Er blickte kurz aus dem Fenster und sah nur Nebel. Seine Furcht wuchs noch mehr, wurde zur kehlenzuschnürenden Panik. Pico rief sich zur Ordnung und hielt sich eisern an den Armlehnen fest. Nein, der Pilot konnte sicher mit diesem Problem umgehen – zudem waren moderne Flugzeuge für einen Blindflug ausgerüstet. In Picos Hirn zogen einige Magazinbeiträge, die er im Fernsehen irgendwann gesehen hatte, wirr und im Schnellauf durch: Autopilot, Blindflug, Funkleitsystem. Wie zur Bestätigung wurde der Bordlautsprecher eingeschaltet. Der oder die Piloten sprachen in nuschelndem, schnellen Englisch mit dem Tower, man konnte kaum das eine oder andere Wort verstehen. Aber es wirkte sehr beruhigend.
Eine halbe Stunde später stand Pico in der fast menschenleeren Halle des Flughafens und blickte gehetzt um sich. Die anderen Passagiere waren einer jungen Frau von der Flughafengesellschaft gefolgt und bekamen wahrscheinlich ihre Unterkunft; er aber wartete: die Stewardeß wollte sich doch um seinen Anschlußflug kümmern! Gerade wollte er voller Verzweiflung zum Informationsschalter gehen, da stockte sein Fuß, denn die Piloten und Stewardessen seines Fluges gingen durch die Halle auf einen der Seitengänge zu. Rasch lief Pico ihnen entgegen und winkte schon von Weitem mit seinem Ticket. Die Stewardeß, die ihn geweckt hatte, blieb stehen, bis Pico sie erreicht hatte. Sie schien ein wenig verärgert, vermutlich, weil sich bereits eine Kollegin um die Passagiere gekümmert hatte und sie auf Pico ganz vergessen hatte; auf Pico, der wie ein kleiner, verlorengegangener Hund auf sie gewartet hatte. Dann telefonierte sie mit jemandem und fragte Pico zwischendurch, wie er in die Stadt kommen wolle; die Passagiere seien alle schon abgefahren. Als sie Picos verzweifelten Gesichtsausdruck sah, bedeckte sie den Hörer mit einer Hand und meinte, hier am Flughafen gäbe es nur noch das Swissair-Hotel. Solle sie ihn dort unterbringen? Pico nickte heftig, denn er wollte ja so schnell es ging nach Mallorca kommen. Die Stewardeß nickte, dann verhandelte sie in schnellem Schwyzerdütsch. Als sie auflegte, sagte sie zu Pico, er sei im selben Hotel wie die Crew untergebracht und könne jetzt mit ihnen mitgehen.
Während er neben ihr über die Parkflächen zum Hotel ging, blitzte kurz ein Gedanke durch seinen Kopf; aber dann erinnerte er sich, wie sie mit den Piloten durch die Halle gegangen war; nein, sie war sicher mit einem von ihnen zusammen, da brauchte er sich keine falschen Hoffnungen zu machen.
Im Zimmer angekommen duschte er sich lange und saß dann schlaflos auf dem Bett; er kramte noch lange in den alten Tagebüchern, bevor er einschlief.